„Szenen am Rande
…. Der Maler arbeitet nach Bleistiftzeichnungen vom Ort des Geschehens und erreicht auf dieser bescheidenen Grundlage eine starke Raumwirkung auf seinen Bildern. Die Räume sind stärker als die Menschen, aber ihre Anwesenheit macht diese Interieurs intensiv. Die Körpersprache der Figuren ist prägnant, die Gesichter jedoch wirken wie mit durchsichtigen Strümpfen maskiert.
Hier ist Magie im Spiel. ….. Es entsteht ein Schwebezustand, und nach kurzer Zeit kann der Betrachter nicht mehr unterscheiden, ob er selbst die Szene erlebt oder ob der Maler etwas zeigt, eine Geschichte erzählt, so subtil, daß man sicher ist, nicht von selbst darauf gekommen zu sein.
Müller-Jakob konfrontiert nicht mit einem Thema. Szenen am Rande unterlaufen das Alltagsbewußtsein und führen zu einem Zustand freischwebender Aufmerksamkeit, der es erlaubt, das Aufderhandliegende, aber Verdrängte wahrzunehmen. Seine Bilder wirken suggestiv durch den schnörkellosen Umgang mit dem Dargestellten; es gehört zu ihren Vorzügen, daß ihr Maler der Versuchung widersteht zu zeigen, was er kann, und auf Zutaten verzichtet.“
Dr. Friedrich Rothe, Berlin 1999
„Die Taten des Lichts
….. Der Standort des Künstlers bleibt immer der eines distanzierten, nicht eines moralisierenden Beobachters. …. Dominierend sind die Lösung der Raumprobleme, die Tektonik des Bildaufbaus und die Wege des Lichts, denn anders als manche seiner Zeitgenossen, die immer noch von einem schattenlosen Informel träumen, ist Wolfgang Müller-Jakob ein Meister des ‚Chiaroscuro‘.
Licht und Schatten fallen, einer raffinierten Regie folgend, auf Figuren ohne Namen und Gesicht. Unbestimmt und vieldeutig in ihren Physiognomien, geben sie ihre Identität nicht preis. …. Auf den Bildern von Wolfgang Müller-Jakob führt gerade der weitgehende Verzicht auf Individualisierung zu einer Stärkung der Ausdruckskraft. ….
Die Verbindung zwischen Innen- und Außenwelt, Exterieur und Interieur findet auf den Bildern häufig über die Vermittlung von Fenstern, Türen und Spiegeln statt. Kleine, manchmal extrem angeschnittene Wirklichkeitsfragmente, lenken den Blick in andere Bildräume. ….
Seine Bilder erzählen, aber sie illustrieren nicht. Sie sind weder wirklichkeitsnah, noch antizipieren sie Ideale. Doch sie besitzen die Kraft, den Betrachter zu verführen sich in ihrem Spiegel neu zu sehen.“
Dr. Andreas Kühne, München 1999
„Vom Glück der Malerei
….. Wolfgang Müller-Jakob malt in seinem Atelier. Er malt aus der Erinnerung. Bleistiftskizzen notieren mit schnellem Strich vor Ort manches Mal den einen oder anderen Bildausschnitt. Doch die eigentlichen Bilder sind in seinem Kopf. Szenen eines ganz normalen Alltags. …. Nichts ist genau bestimmt. Weder Ort noch Zeit sind festgelegt, aber dennoch spürt man in Müller-Jakobs Bildern Gegenwart. Eher kleines Glück als große Gefühle, aber manchmal nicht einmal das, dann bleibt nur der eingefrorene Augenblick, ein Moment der Ewigkeit.
Inhalt seiner Kunst bleibt die Malerei. Licht und Farbe stehen im Zentrum seiner Beobachtungen. Spiegelungen, Reflexe, farbige Schatten, Dunstschleier sind das, was er aus dem flüchtigen Blick über die Straße, dem Starren aus dem Fenster, der vertrauten Ansicht des Wohnzimmers herausfiltert. Nicht an Geschichten, sondern an visuelle Reize erinnert sich der Maler nach seinen Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung und verdichtet diese selektive Wahrnehmung zu Malerei. Seine Dichtung stimmt beim Betrachter neue Gefühle an. Dadurch scheint der Künstler Geschichten zu erzählen, aber in Wahrheit berichtet Müller-Jakob nur von Farbe und Form. Die Reduktion der dreidimensionalen Welt auf Linien und Flächen erzeugt Spannung, wenn sich die darin lesbaren Versatzstücke mit gelebter Erinnerung des Betrachters verknüpfen. Diese Assoziationen legitimieren die Darstellung des Banalen für den, der sich nicht mit dem Glück der Malerei allein begnügen mag.“
Dr. Christiane Lange, München 2003
„Wolfgang Müller-Jakob versucht, das Atmosphärische, die Aura der Alltagsdinge zu ergründen, das Zusammenspiel von Mensch und Ding in der Welt. …. Ein wichtiges Streben in seiner Malerei ist die Virtuosität in der Einfachheit.“
Dr. Brigitte Kaiser, München 2009